Seit vielen Jahren hat das Amt Preetz-Land mit der Firma PROVOX Systemplanung GmbH einen Vertrag zur Bereitstellung des Sitzungsinformationssystems (SIS) des Amtes Preetz-Land und der amtsangehörigen Gemeinden.
Im Rahmen der “Digitalisierung” des Amtes Preetz-Land wurden Ende des Jahres 2023 Funktionalitäten im SIS für die Kommunale Selbstverwaltung (also für uns gewählte Kommunalvertreter) freigeschaltet. Wir Gemeindevertreter*innen haben alle einen eigenen Zugang (Login) zum SIS und damit die erweiterte Möglichkeit, Sitzungsunterlagen einzusehen, die beispielsweise auch nicht-öffentlich sind. Wir können uns auch zur Vorbereitung auf die jeweiligen Sitzungen ein Digitales Sitzungspaket herunterladen.
Das Amt steuert uns die Sitzungsunterlagen dadurch auch nicht mehr per Papier nach Hause, sondern wir erhalten per E-Mail eine Information zum Vorliegen von Unterlagen für Sitzungen. Dieser vom Amt verfolgte und aus meiner Sicht begrüßenswerte Weg war auch der Grund, dass wir uns in unseren Gremien im November 2023 dafür ausgesprochen hatten, finanzielle Unterstützung für die Beschaffung von entsprechendem Equipment zu leisten.
Der damals von uns gefasste Beschluss lautete:
“Jedes Mitglied der Gemeindevertretung und die bürgerlichen Mitglieder der ständigen Ausschüsse erhalten (ggf.: auf Antrag) einen einmaligen nicht zurück zu zahlenden pauschalen Zuschuss in Höhe von 300,- € für ein mobiles Endgerät zur Nutzung in den gemeindlichen Sitzungen für die Wahlzeit 2023 -2028. Haushaltsmittel sind in 2024 bereitzustellen.“
Ähnliche Beschlüsse wurden in den anderen amtsangehörigen Gemeinden gefasst. So weit so gut.
Ebenfalls im November 2023 befassten sich der Strategieausschuss des Amtes und der Amtsausschuss mit der Beschaffung von Lizenzen für die App MyVoting von der Firma PROVOX Systemplanung GmbH. Hier geht es zu den Sitzungsunterlagen.
Ich darf an dieser Stelle kritisch anmerken, dass diese Befassung offenbar auf Vorschlag des Amtes Preetz-Land stattfand, direkt auf Ebene des Amtsausschusses, ohne vorherige Einbindung der 17 gemeindlichen Gremien. Die 17 Bürgermeister haben entschieden, ohne Prokura der eigenen Gemeindevertretung.
Dieser Umstand soll aber gar nicht den Fokus bekommen.
Der Amtsausschuss hatte beschlossen, das Angebot der Firma PROVOX Systemplanung GmbH vom 09.10.2023 zur Anschaffung der App „MyVoting“ zum Angebotspreis anzunehmen und damit das Amt beauftragt, mit Firma PROVOX Systemplanung GmbH einen Vertrag mit folgenden Kosten zu schließen:
Alle 17 Gemeinden tragen also die Kosten für Anschaffung, Bereitstellung und Betrieb der App MyVoting, beginnend ab 2024.
Etwa im Februar 2024 wandte ich mich an das Amt mit verschiedenen IT-Sicherheits- und datenschutzrechtlichen Fragestellungen zur Nutzung des SIS und der App MyVoting durch uns Gemeindevertreter. Exemplarisch soll hier die Frage nach der Einsichtnahme in ein Rollen- und Rechtekonzept für die App sein. Denn die App bot eine Funktionalität an, mit der sich die jeweiligen Fraktionen untereinander Notizen zu entsprechenden Sitzungen und Tagesordnungspunkten austauschen konnten. Es gab weitere Fragen, einige konnten mittlerweile geklärt werden, auch konnten einige von mir angeführte Kritikpunkte durch das Amt korrigiert werden. Eine belastbare Antwort zu diesem Aspekt der Fraktionsnotizen habe ich bis heute nicht, weshalb ich unserer Fraktion auch empfohlen hatte, diese Funktion in der App nicht zu nutzen.
Nach meiner Anschaffung eines Tablets mit Android Betriebssystem für unsere Sitzungen wollte ich die App im April auf diesem installieren. Bis heute steht die App im Google Playstore (Android) nicht mehr zur Verfügung. Ich wandte mich daher Mitte Mai an Bürgermeister Johanssen (Cc alle weiteren Mitglieder der Gemeindevertretung) und bat ihn um Klärung dieses Aspektes mit dem Amt und Rückmeldung bis 30. Mai 2024. Die Nichterbringung einer Leistung (hier der Bereitstellung der App im Playstore) bedingt in der Regel auch die anteilige Nichtzahlung von vertraglich geregelten Kosten.
Sie ahnen es sicher schon, denn das ist die einzig belastbare Konstante bei unserem Bürgermeister, es liegt bis heute keine Rückmeldung vor. Ich habe ihn daher nochmals am 18. Juni 2024 aufgefordert, auf der zwischenzeitlich terminierten Sondersitzung unserer Gemeindevertretung unter TOP 4 ” Bericht des Bürgermeisters” hierzu zu berichten.
Auch wenn es augenscheinlich um „Peanuts“ für unseren eigenen Gemeindehaushalt geht, so sind es doch (Steuer-) Gelder, die für eine nicht erbrachte Leistung gezahlt werden. Übrigens lohnt auch hier der Blick über den Tellerrand. Es betrifft wieder alle 17 Gemeinden in unserem Amt. Und wer war gleich nochmal der Amtsvorsteher? Richtig, Bürgermeister Johanssen!
Auch in diesem Falle geht es mir um Haushaltklarheit und -wahrheit. In Zeiten “klammer Kassen” – und der Gürtel wird sicher noch enger zu schnüren sein – habe ich die Erwartung an das Amt , aber auch an unseren Bürgermeister, dass entweder die App wieder zur Verfügung steht oder aber Kosten von Firma PROVOX Systemplanung GmbH zurückverlangt werden.
Der Vollständigkeit halber. Die App MyVoting ist im Microsoft Store und im Apple App Store Stand heute verfügbar. Wir sind uns aber bestimmt auch einig, dass man für 300 Euro kein Endgerät (in Tabletgröße) von Microsoft oder Apple erwerben kann.
Die App selbst ist übrigens auch nicht sonderlich anwenderfreundlich, stabil und durchdacht. Das allein wäre Grund gewesen, die rund 3.500 Euro nicht zu investieren. Hier mal exemplarisch die Bewertungen aus dem Microsoft Store und im Apple App Store: